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Wie sicher sind die Handy-Karten?
Sicherheit im GSM-Mobilfunk und einiges mehr
Dipl.-Ing. H. Kropp
- Allgemeines
Ohne Vertrag mit dem Mobilfunk-Netzbetreiber (D1, D2, EPLUS, VIAG) kann in
seinem Netz nicht telefoniert (und z.B. SMS verschickt) werden.
- Erfordernis einer Berechtigungskarte
Während die Verbindung zum Festnetzanschluss im privaten Bereich samt
Telefon-Endgerät des Anschlussinhabers als ausreichend sicher angesehen
und üblicherweise dieser Draht-Netzzugang nicht zusätzlich und gesondert
elektrisch oder mittels Karten-Identifikation gesichert ist, wird beim
Funkanschluss ein aufwendiges und technisch kompliziertes Verfahren benutzt,
um das "Einschalten" eines üblichen Funktelefons in das Netz gegen den Zugriff
von nicht berechtigten Dritten abzusichern.
- Das Benutzermodul der Berechtigungskarte (SIM-Card)
(SIM = Subscriber Identification Module)
Jeder Mobilfunkteilnehmer besitzt eine individuelle Chipkarte, die ihm
vom Netzbetreiber zur Verfügung gestellt wird und die von den Netzkomponenten
beim Einbuchen ins Netz erkannt wird. Die SIM-Karte ist mit der Rufnummer im
Mobilnetz verknüpft.
Auf dieser Chipkarte befindet sich ein flacher, programmierbarer Rechnerbaustein,
der u.a. die IMSI (International Mobile Subscriber Indentity), den
Authentikationsalgorithmus (A3) und den teilnehmerindividuellen Schlüssel Ki
für die Sicherung des Zugangs zum Netz trägt.
Dieser SIM-Karte mit gespeicherten IMSI und Ki wird im Heimatregister
(Home Location Register, HLR) der Netzvermittlung (Mobile Switching Center, MSC)
eine Mobilfunk-Rufnummer zugewiesen. Die SIM-Karte ist zusammen mit den beim
Netzbetreiber eingetragenen Daten des Benutzers "personalisiert" und ein Gebrauch
durch fremde Dritte somit nicht möglich, wie weiter unten erläutert wird.
Die Schnittstelle zur Außenwelt (sichtbar sind vergoldete Kontakte auf der
SIM-Karte) ist hard- und softwaremäßig so gestaltet, dass sicherheitsrelevante
Daten nicht oder nur mit enorm großem Aufwand an Rechenkapazität
(wenn überhaupt) ausgelesen werden könnten.
Unter Rechnerkapazität sind institutionelle Großrechner mit einer Einsatzzeit
von Wochen und einer Anzahl von Versuchen von > 100.000 bekannt geworden.
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- Einsatz der SIM-Karte
Diese Karte muss in das vom Benutzer verwendete Funktelefon eingesetzt werden,
sonst kann nicht im Mobil-Netz telefoniert werden (Ausnahme Notruf).
- Das System der Authentikation im Netz
Nachdem sich der Teilnehmer durch Eingabe seiner PIN gegenüber der Karte
identifiziert hat, erfolgt beim Einbuchen in das Netz die Authentikationsprozedur:
Beim erstmaligen Einbuchen sendet das Mobiltelefon seine IMSI an das
Mobilfunknetz.
Das Netz antwortet bei diesem Einbuchen des Gerätes mit der Karte mit dem
Aussenden einer aus 128 bit bestehenden Zufallszahl RAND zur Mobilstation.
Zusammen mit dem auf der Karte gespeicherten Schlüssel Ki berechnet der Prozessor
der Karte in der Mobilstation aus RAND und dem Algorithmus A3 eine Antwort
"Signed Response SRS' (32 bit)".
Das Mobilnetz seinerseits berechnet parallel dazu mit A3 und mit Hilfe der
selbst erzeugten RAND eine dem bei ihm gespeicherten Teilnehmerschlüssel Ki
entsprechende Antwort SRS und vergleicht sie mit der von der Mobilstation
erhaltenen Antwort SRS'.
Erst wenn SRS und SRS' übereinstimmen, wird der Teilnehmer als legal akzeptiert
und kann im Netz telefonieren.
Aus Sicherheitsgründen teilt das Netz dem Benutzer dann eine andere IMSI zu
(TIMSI, Temporary International Mobile Subscriber Identity).
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- Beurteilung der Sicherung
Dieses oben beschriebene Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass "Schlüssel"
weder über den Postweg noch über die elektrischen Übertragungswege "versandt"
werden.
Ferner gewährleistet dieses "Challenge-Response-Verfahren" und die dabei
verwendeten chiffrierten und bei jedem Einbuchen unterschiedlichen Daten RAND
und SRS somit einen optimalen Grad an Sicherheit.
Der Benutzer bekommt selber keinen "Schlüssel" zugesandt, wie etwa die PIN bei
der EC-Karte. Er kennt somit seinen Schlüssel (Ki, IMSI) gar nicht. Er bekommt
nur ein Hilfsmittel in Form der SIM-Karte in die Hand, der Netzbetreiber ist
hier alleiniger Herr des eigentlichen Netz-Sicherungsverfahrens.
- Benutzung durch Dritte
Rufnummer und IMSI mögen ggf. einem Dritten bekannt sein.
Die IMSI wäre nur bekannt, wenn man Zugang zur Karte und zur PIN oder
wenn jemand Zugang zu der Technik des Mobilfunknetzes hätte.
Sobald die TIMSI zugeteilt ist, ist dieser Zugangsparameter wieder nur
netzintern bekannt.
Der Schlüssel Ki und der Algorithmus A3 sind jedoch auf der SIM-Karte
elektronisch und von außen nicht auslesbar gespeichert.
Es reicht aber - extrem betrachtet - auch nicht aus, den geheimen
Schlüssel Ki zu ermitteln und den (ebenfalls nicht öffentlichen) Algorithmus
A3 zu kennen. Um unberechtigt auf Kosten eines Dritten telefonieren zu können,
müsste außerdem noch die im Einbuchzeitpunkt tb vom Netz her gesendete
Zufallszahl RAND (128 bit) bekannt sein, um parallel dazu (als Missbraucher)
ein positives Authentikationsresultat zu bekommen.
Diese Parallel-Prozedur durch Unbefugte wurde technisch bisher nicht realisiert;
dieses Verfahren bietet somit eine, durch Missbrauch nicht zu beeinträchtigende
oder zu überwindende technische Sicherheit.
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- Unerwünschte Mitbenutzung
Die grundsätzliche Sicherheits-Frage beim Mobilfunk ist nun immer wieder,
ob es technisch möglich ist, über einen Funkanschluss eines Dritten
widerrechtlich d.h. ohne Erlaubnis oder Duldung des Anschlussinhabers und
ohne Kenntnis desselben, somit unbemerkt zu telefonieren oder, wie hier, SMS
zu verschicken.
In den bekannten Fällen, in denen in GSM-Netzen "unbekannte Täter" zulasten
eines Kunden telefonierten, sind bisher jedoch ausschließlich andere Ursachen
als ein Versagen der Authentikations-Technik bekannt geworden:
- Ausspähen der PIN durch Dritte
- Diebstahl der SIM-Karte
- Diebstahl des Funktelefons einschließlich Karte
- vom Benutzer unbemerkter, vorübergehender SIM-Kartentausch, vor allem im Zusammenhang mit
- Ausschalten der PIN-Prozedur u.a.
- Bemerkungen zur PIN
Außerdem wird, wie oben schon erwähnt, die Karte durch eine "PIN"
(Personal Identification Number) geschützt. Die PIN spricht nicht das
Mobiltelefon, sondern die in ihm befindliche Berechtigungskarte an.
Durch die PIN wird also nicht das "Handy" diebstahlgesichert.
Eine Diebstahlerkennung/-sicherung des Mobilfunktelefons ist jedoch durch
die IMEI (International Mobile Equipment Identity) möglich. Die IMEI ist
auf jedem Mobiltelefon lesbar angebracht.
Durch Sperren des Handys über die IMEI durch den Netzbetreiber kann das
Gerät wertlos gemacht werden.
Wer auf Aufforderung durch das Mobiltelefon die PIN nicht eingeben kann,
kann nicht im Mobilfunknetz telefonieren. Die erste PIN bekommt der Benutzer
vom Netzbetreiber, die PIN kann der Benutzer danach im übrigen jederzeit
ändern und frei wählen.
Wird hingegen die PIN dreimal falsch eingegeben, wird die Karte für
jede weitere Benutzung gesperrt. Es ist also nicht möglich, die PIN
durch "Ausprobieren" von 9999 Möglichkeiten zu erraten.
Eine Entsperrung durch den Benutzer ist dann durch Eingabe der "PUK" möglich,
die der Kunde zusammen mit der PIN vom Netzbetreiber erhalten hat. Bei
zehnmaliger falscher Eingabe der PUK wird die SIM-Karte irreparabel gesperrt.
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- Unterschied zu Kredit- oder Scheckkarten
Im Gegensatz zu den EC-Karten der Banken, die mit Magnetstreifentechnik
arbeiten und deren PIN fest und durch den Benutzer unveränderbar einprogrammiert
ist, hat es der Benutzer der SIM-Karte jederzeit in der Hand, eine ihm
sicherer erscheinenden PIN neu einzugeben. Die Netzbetreiber empfehlen auch,
diese PIN ab und zu zu ändern.
- Verzicht auf die PIN
Die PIN-Sicherung kann bei Bedarf vom Benutzer ganz ausgeschaltet werden.
Dann bucht sich das Mobiltelefon beim Einschalten sofort in das durch die
SIM-Karte vorgegebene Netz ein.
Vielen Kunden ist das Eingeben der PIN jedesmal vor dem Einbuchen ins Netz
lästig. Sie überbrücken diese Prozedur gerne gemäß Bedienungsanleitung des
Handy.
Dadurch wird aber ein Sicherheits-Mechanismus ausgeschaltet, was dem
Benutzer nicht immer klar ist. Lässt er das Mobiltelefon unbeaufsichtigt,
kann jeder mit diesem Telefon auf seine Kosten mittels der im Mobiltelefon
befindlichen Karte telefonieren, auch dann, wenn er es zwischendurch einmal
ausschalten sollte.
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- Die Presse
Es hat zwar in der Presse verschiedentlich Meldungen gegeben, es seien Karten
- erfolgreich dupliziert
- mit Computerprogrammen simuliert
- und manipuliert worden
und es bedürfe nur mehr der Kenntnis einer Mobilfunk-Rufnummer, um auf
Kosten des Inhabers zu telefonieren.
Nachdem Mobilfunk-Rufnummern allgemein bekannt sind und auch keiner
besonderen Geheimhaltung unterliegen, müsste der Missbrauch basierend nur
auf der Kenntnis der Mobilfunk-Rufnummer bereits beachtliche Ausmaße
angenommen haben, was jedoch bisher überhaupt nicht zu beobachten ist.
Eine nähere Prüfung oben zitierter Pressemitteilungen ergab dann, dass
- Telefonkarten für Festnetz-Telefonautomaten
- Funk-Telefonkarten für ausländische Systeme
- C-Netz-Magnetstreifenkarten
- Scheckkarten, Kreditkarten mit Telefonberechtigung
kopiert wurden, jedoch keine GSM-SIM-Berechtigungskarten. Die GSM-SIM-Karten
haben jedoch, wie oben erläutert, eine gänzlich andere technische Struktur und
Sicherheit.
Diese Presse-Meldungen sind somit auf unzureichende Kenntnisse der
Berichterstatter über die SIM-Karten-Spezifikation zurückzuführen.
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